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»Immer mehr Business-Events haben inzwischen Festival-Charakter«

Katharina Rüttger

Katharina Rüttger von der ReferentenAgentur Bertelsmann im Gespräch über Trends im Event-Business

Vor 15 Jahren wurde die ReferentenAgentur Bertelsmann innerhalb der Penguin Random House Verlagsgruppe gegründet. Sie vermittelt hochkarätige Vortragsredner*innen und Moderator*innen zu den Themen Wirtschaft und Politik, Werte und Gesellschaft, Sport und Gesundheit für Kongresse, Messen, Tagungen und anderen Veranstaltungen. Katharina Rüttger leitet diesen Bereich seit acht Jahren. Mit ihr haben wir über Trends im Event-Business und unterschiedliche Veranstaltungsformen gesprochen.

Katharina, was sind die Kernaufgaben deines Bereichs?

Bei uns dreht sich sehr viel um Beratung und Vermittlung: Unseren Kunden helfen wir bei der Suche nach geeigneten Redner*innen für ihre Kongresse, Strategietagungen, Firmenjubiläen oder anderen Events und ermöglichen ihnen den Zugang zu renommierten Persönlichkeiten. Wir unterbreiten Vorschläge, mit welchen Themen bzw. Speakern sie bei ihren Geschäftspartnern Impulse setzen können. Für unsere Referent*innen suchen wir nach den richtigen Foren, um ihre Themen bestmöglich zu positionieren, verhandeln für sie die Auftrittshonorare und übernehmen die organisatorischen Details. Bei Bedarf sind wir auch bei den Events vor Ort dabei.  

Welchen Vorteil bietet die Anbindung der Referentenagentur an die Verlagsgruppe?

Wir profitieren davon sehr, auch wenn wir nicht nur Autor*innen der Verlagsgruppe vermitteln. Die Anbindung ermöglicht uns eine große Nähe zu Autor*innen und Inhalten. Die potenziellen Speaker unter ihnen werden entweder „automatisch“ auf uns aufmerksam oder sie werden von unseren Programm- bzw. Pressekolleg*innen auf uns aufmerksam gemacht. Da sie „ihre“ Autor*innen am besten kennen und einschätzen können, wer sich gut für unsere Zwecke eignet, ist der Austausch mit ihnen sehr wichtig. Natürlich verfolgen wir auch selbst die Programmvorstellungen der Verlagsteams im Haus. So können wir in unseren Kundengesprächen schon früh über Trends, Themen und Bücher sprechen, die im nächsten Jahr für Aufmerksamkeit sorgen werden. Ein großer Vorteil gegenüber unseren Mitbewerbern.

Gabor Steingart

Das Geschäft mit der Vermittlung von Speakern und Moderator*innen hatte ja in der Corona-Zeit massiv zu leiden. Wie lief es danach? Hat sich seitdem etwas Grundsätzliches verändert?

Die Corona-Zeit hat das Vermittlungsgeschäft natürlich beeinträchtigt, aber auch neue Ideen befördert. Ein schönes Beispiel war die Eröffnungsrede einer Anlegermesse, für die meine Kollegin Gabor Steingart vermitteln konnte – und zwar an Bord der Virtual-Reality-Umgebung seines Redaktionsschiffs "Pioneer One“. Die mit VR-Brillen ausgestatteten Gäste reisten mit ihm vor die Kulissen globaler Finanzzentren. Das hatte was! Viele Veranstaltungen haben wir in der Pandemie digital umgesetzt, mittlerweile ist das aber eher selten geworden. Für internationale Speaker mit weiter Anreise bietet es nach wie vor eine gute Alternative, weil es oft die einzige Möglichkeit ist, sie für ein Event im deutschsprachigen Raum zu gewinnen. Manche Unternehmen haben in der Corona-Zeit ihre Podcasts ausgebaut und dafür unsere Referent*innen gebucht. Dennoch war das für das Event-Business insgesamt keine leichte Zeit. Glücklicherweise konnten wir in diesem Jahr mit den Buchungszahlen für physische Events wieder an das Vor-Corona-Niveau anknüpfen.

Die Prognose war damals eine andere.

Ja allerdings. Manche läuteten der physischen Veranstaltung schon das Totenglöckchen. Aber mittlerweile ist völlig klar: Die persönliche Begegnung im Rahmen eines Kongresses oder anderer Events lässt sich kaum digital ersetzen. Unsere Speaker werden gebucht, weil man sie live erleben und mit ihnen nach einem Vortrag ins Gespräch kommen möchte, weil man sie aus den Medien kennt oder ihre Bücher gelesen hat. Menschen wollen in Unternehmen weiterhin persönlich zusammenkommen, um mit Partnern, Kundinnen und Mitarbeitenden zu netzwerken. Immer mehr Business-Events haben inzwischen Festival-Charakter, Beiträge aus Kultur und Unterhaltung spielen eine viel stärkere Rolle als früher. Wir merken, dass die, die unsere Redner*innen buchen, nicht mehr nur informieren, sondern auch emotionalisieren wollen. Das funktioniert besonders gut in Präsenz.

Janina Kugel

Welche Autor*innen vermittelt ihr gerade besonders häufig?

Derzeit sind Tijen Onaran, Janina Kugel, Gabor Steingart, Thea Dorn, Richard David Precht, Markus Rex, Marc Elsberg oder Judith Williams sehr gefragt. Rüdiger Maas, dessen Buch über die Generation Z im kommenden Jahr bei Goldmann erscheint, stößt aufgrund seiner fachlichen Expertise zu einem gerade virulenten Thema  auf großes Interesse. Auch da bekommen wir gerade sehr vielversprechendes Feedback.

Haben bestimmte Themen Konjunktur oder hängt es immer von den Persönlichkeiten ab?

Die Zukunft der Arbeitswelt und all die Fragestellungen, die damit zusammenhängen, sind ein großes Thema. Was erwartet die Generation Z von Arbeitgebern? Wie gehen wir mit dem Fachkräftemangel um? Wie mit der Digitalisierung und vor allem der KI, die so manchen Arbeitsprozess verändern oder gar ersetzen wird. Unsere Kunden suchen nach Impulsen zu den Themen Nachhaltigkeit, Resilienz sowie wirtschaftliche und politische Einordnungen und Prognosen – gerade in diesen politisch aufgewühlten Zeiten. So haben wir in unserem letzten Newsletter die renommierte Historikerin und Journalistin Anne Applebaum sowie den anerkannten Demokratieforscher Daniel Ziblatt vorgestellt, deren Einschätzung der gegenwärtigen Lage vor den US-Wahlen im kommenden Jahr mit Sicherheit sehr gefragt sein werden. Um deine Frage zu beantworten: Die Bekanntheit einer Referentin oder eines Referenten spielt schon eine wichtige Rolle, aber ihre Themen müssen zünden und sich an der Aktualität orientieren.

Be your own fucking Hero

Auf der Terminseite unserer Verlagsgruppe sieht man, dass täglich sehr viele Veranstaltungen in Deutschland, Österreich und in der Schweiz stattfinden. Inwiefern unterscheiden sich diese Events von denen, die über eure Referentenagentur laufen?

Anders als unsere Veranstaltungskolleg*innen vermitteln wir unsere Redner*innen ausschließlich an Unternehmen und Verbände aus Industrie, Wirtschaft und Handel. Meistens handelt es sich dabei um geschlossene Veranstaltungen. Die Vermarktung des aktuellen Buches steht nicht zwingend im Vordergrund – auch Backlisttitel und -themen sind gefragt. Unsere Kunden wollen ein spannendes Event mit uns realisieren, dabei geht es ihnen weniger um das neueste Buch einer bestimmten Autorin oder eines Autors. Unsere Referent*innen sprechen bei Unternehmen häufig über Themen, zu denen sie schon vor Jahren publiziert haben. Richard David Precht und sein Buch über die Zukunft der Arbeit oder Marc Elsberg mit seinem 2012 erschienenen Energiekrisen-Bestseller »Blackout« sind dafür gute Beispiele. Beide haben damals Themen gesetzt, die bis heute nichts an ihrer Aktualität eingebüßt haben.

Was hat es mit Exklusivangeboten bestimmter Speaker auf sich? Was sind die Vorteile bzw. Nachteile?

Exklusivität ist in Deutschland – anders als im anglo-amerikanischen Raum – nicht unbedingt üblich in diesem Business. Dennoch gibt es einige Redner*innen, mit denen wir sehr eng auf exklusiver Basis zusammenarbeiten, was uns sehr freut. Dazu gehören unsere bereits genannten Buchautor*innen Marc Elsberg, Tijen Onaran, Richard David Precht oder Gabor Steingart. Die exklusive Zusammenarbeit vereinfacht die Koordination der Termine und ermöglicht mehr Synergien mit dem Produkt Buch. Die Exklusivität kann auch helfen, um bestimmte Preise auf dem Markt durchzusetzen.

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Nach welchen Kriterien werden Autor*innen der Verlagsgruppe als Speaker in der Referentenagentur gelistet?

Eigentlich sind es zwei zentrale Kriterien: Erstens: Wird ein spannendes Thema von einer im besten Fall bekannten Persönlichkeit vorgestellt? Und zweitens: Verfügt diese Person über eine gute Bühnenpräsenz?

Wie ist es um den Markt der Vermittlung von Referent*innen bestellt?

Schon als unsere Referentenagentur vor 15 Jahren gegründet wurde, gab es viel Konkurrenz auf dem Markt, auch größere mit internationalen Kooperationen und Büros an vielen Standorten. Dennoch konnten wir uns gut durchsetzen. Der Agenturname, den wir unserer Muttergesellschaft entlehnen durften, hat da sicher nicht geschadet.

Wir haben es also mit einem überschaubaren, aber wachsenden Markt zu tun?

Ja, das stimmt. Events und Begegnungen, in denen Teams, Kunden und Geschäftspartner in einer hybriden Arbeitswelt zusammentreffen, werden immer wichtiger. Viele Unternehmen erkennen, wie wichtig der persönliche Austausch und wie sinnstiftend es für alle ist, solche Begegnungen zu ermöglichen.

Was waren deine Highlights in diesem Jahr und worauf freust du dich im kommenden?

Ein Highlight waren unsere Neu-Akquisen die man unter dem Stichwort Female Empowerment zusammenfassen kann: Seit diesem Jahr haben wir Tijen Onaran, die Diversity-Flüsterin der CEOs, die ehemalige Lufthansa-CFO und Leadership-Expertin Simone Menne sowie die Vorsitzende der Wirtschaftsweisen Monika Schnitzer in unserem Programm. Ebenfalls ein toller Neuzugang ist der Wirtschaftsexperte und Planer von Megaprojekten Bent Flyvbjerg – übrigens eine Empfehlung unserer Kolleg*innen des Penguin Random House Speakers Bureau in New York. Corona hat den Markt grenzenloser gemacht, daher wollen wir die Zusammenarbeit mit den US-Kolleg*innen weiter ausbauen – ein Projekt für 2024, auf das ich mich unter anderem sehr freue. Das Schöne an unserem Job ist, mit so vielen inspirierenden Persönlichkeiten in Kontakt zu kommen.

Interview: Markus Desaga

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