"Meine Wiese" - Interview mit Biologe, Naturfilmer und Autor Jan Haft

Sie haben Naturschauspiele rund um die Erde gesehen. Was fasziniert Sie so sehr an unseren heimischen Wiesen? 

Wir haben viele Filme gemacht und waren vor allem am Anfang unserer Zeit als Filmemacher viel in tropischen Gefilden und im Ausland unterwegs. Dann haben wir irgendwann erkannt, dass die heimische Natur eigentlich genauso viele Schauspiele und Attraktionen bietet und dass auch sie eines Schutzes bedarf. Hier können wir besser auf Entscheidungsträger einwirken, auf die Leute, die unsere Filme schauen oder auch jetzt Leute, die Bücher lesen und Hörbücher hören. Deswegen arbeiten wir mit einer besonderen Freude hier bei uns in der heimischen Natur, und da gehört die Wiese eben dazu. 

Wie erkundet man eine Wiese am besten? 

Man erkundet eine Wiese am besten, indem man sie betritt. Das ist natürlich nicht immer ganz einfach, denn wenn sie hochgewachsen ist, will der Landwirt, der dort Heu oder Silage ernten möchte, nicht unbedingt, dass da Leute durchlaufen. Aber vielfach führen Wege an Wiesen vorbei oder durch Wiesen durch. Man hat dann eben die Möglichkeit von dort aus in die Wiese reinzugucken. 

Wieso ist es so wichtig, dass wir möglichst viel Wissen über unsere heimischen Wiesen sammeln? 

Es gibt immer weniger Wiesen. Unsere Wiesen sind, könnte man sagen, als Lebensraum kritisch bedroht. Sie waren ja mal eine ganz weit verbreitete Wirtschaftsform, bunte Heuwiesen, bunte Blumenwiesen ohne Dünger, weil es diesen Dünger einfach nicht gab. Er stand nicht zur Verfügung, und deswegen war das Land einst übersät von Blumenwiesen, die dann auch voller Leben waren. Auf denen es nicht nur Pflanzen gab, sondern auch – zumindest soweit es bei einer gemähten Wiese möglich ist – viele Tiere. Diese Wirtschaftsweise ist überholt, heute hat man andere Möglichkeiten, Tierfutter zu erzeugen, und deswegen ist die Wiese auf dem Rückzug. Die ganz aktuellen Zahlen kenne ich nicht, aber vor zwei bis drei Jahren war es so, dass 98 % bis 99 % der einst vorhandenen bunten, artenreichen Wiesen bereits verschwunden waren.

Welche Tiere beobachten Sie am liebsten? Und welche machen besonders spannende Geräusche? 

Am liebsten beobachte ich eigentlich Insekten, und da gefallen mir besonders gut die Käfer. Seit ich ein Kind bin oder war – vielleicht ist “bin” gar nicht so verkehrt zu sagen –, liebe ich die Käfer. Ihre Buntheit, diese kleinen Panzer, dieses Krabbeln, ihre verschiedenen Ansprüche an den Lebensraum, ihre verschiedenen Verhaltensweisen, wenn sie miteinander kämpfen oder wenn sie auf Beutezug gehen. Das alles gefällt mir unheimlich gut. Aber Käfer sind natürlich stumm und deswegen mag ich auch sehr gern die Heuschrecken, denn wir haben fast 100 Heuschreckenarten im Land und jede einzelne Heuschreckenart hat ein anderes Lied, einen anderen Gesang.

Normalerweise vertonen Sie Ihre eigenen Dokumentarfilme. Wie war es, Ihr erstes Kinderhörbuch im Tonstudio einzusprechen? 

Als ich zum ersten Mal ein Hörbuch einsprechen durfte, war ich ein bisschen aufgeregt, denn ich habe zwar schon öfters Filmtexte zum Verfassen derselben eingesprochen, hier zu Hause im Studio und hab auch schon zwei, drei Mal einen Fernsehfilm, der ausgestrahlt wurde, sozusagen erzählt. Es wurde dann auch mit meiner Stimme ausgestrahlt, was immer ein bisschen merkwürdig ist, sich selbst zu hören, finde ich, aber ich habe eben noch nie ein Hörbuch eingesprochen und ich bin mit großer Freude an die Arbeit gegangen. Als mir die Regie sagte, es sei gut geworden, war ich sehr zufrieden.