Aktuelles | 16.12.2020 | Arkana

Interview mit Kaja Andrea Otto, Autorin des Buchs „Du bist die Antwort auf deine Fragen“

Autorenfoto Kaja Andrea Otto

"Wir leben in einer Welt, die von Männern für Männer gemacht wurde. Die dominierende Spiritualität ist ebenfalls von Männern für Männer gemacht worden. Ich glaube es ist an der Zeit, dass wir Frauen uns Räume zurückerobern!" 

Kaja Andrea Otto

Liebe Kaja Andrea, du hast eine besondere Beziehung zum Teutoburger Wald. Wie kam es dazu und was ist an diesem Ort so besonders?

Ich selbst bin ich Bielefeld, also quasi mitten im Teutoburger Wald geboren und in einem Haus direkt am Waldrand aufgewachsen. Der Wald hat mich immer schon fasziniert. Je älter ich wurde, desto mehr erfuhr ich über die Historie dieser Region – Ostwestfalen-Lippe und die Geschichte des Waldes. Mir wurde klar, dass diese Region quasi einer der letzten Bastionen der Waldvölker war, bevor Karl der Große sich aufmachte, Europa zu christianisieren und die Menschen dem neuen Glauben zu unterwerfen. Es gab viele entscheidende Schlachten in der Region, auch und vor allem um die Externsteine, eine uralte Steinformation, die den Menschen damals als Heiligtum galt. Mit zunehmendem Eintauchen wurde mir immer deutlicher, wie sehr die Seele des Waldes mit der Seele des Menschen verbunden ist. Wie das Fällen der Irminsul – des Weltenbaumes der damaligen Völker durch Karl den Großen persönlich – noch immer schmerzhaft in uns nachhallt. Ich habe mit und durch den Wald und seine Geschichte viel über unsere ursprüngliche Spiritualität und die Rückverbindung mit der Natur gelernt. Wenn ich heute durch die abgeholzten Gebiete wandere, dann spüre ich durchaus einen physischen Schmerz. Wenn ich an den Externsteinen sitze, dann überkommt mich immer wieder aufs Neue ein ganz besondere innere Stille. Wenn wir uns verbinden, können wir die alten Geschichten wieder spüren und erinnern. Es ist fast, als ob unsere Ahnen uns etwas zuflüstern. Ich kann sagen, ich bin ein Kind des Waldes und definitiv eine Tochter des Teuto.

 

Deine Mutter hatte einen entscheidenden Einfluss darauf, dass du die Bedeutsamkeit der eigenen Ahnen erfahren hast. Was hast du von ihr gelernt und wie hat ihre Geschichte dich beeinflusst?

Als ich vier Jahre alt war, wurde bei meiner Mutter Krebs diagnostiziert und der schulmedizinische Arzt sagte ihr, dass es nicht unbedingt gut ausgehen würde. Für meine Mutter war dies damals ein Weckruf, der ihren spirituellen Werdegang initiierte. Sie hat sich aktiv mit ihrer Familiengeschichte beschäftigt – die ja auch meine ist – was mich schon früh auf die Spur intergenerationaler Muster gebracht hat. Wo erkannte ich mich in ihr wieder? Welche Traumata meiner Urgroßmutter spürte ich auch in mir?

Meiner Mutter hat mich quasi in die unmittelbare Ahnenarbeit eingeführt und damit den Grundstein für das gelegt, was ich heute mache – die Arbeit über viele Generationen hinweg.

Ich habe von meiner Mutter gelernt, dass keine Geschichte zu dunkel ist, um aufgedeckt zu werden und dass nur ein nicht angesprochenes Trauma uns beherrschen kann. Durch ihren Weg habe ich erkannt, dass es nichts Schlimmes ist, traumatisiert zu sein und dass unsere Erlebnisse uns nicht definieren müssen. Ein magischer Satz war: Jedes System ist so krank, wie die Summe seiner Geheimnisse. Diesen Satz habe ich verinnerlicht und mich aufgemacht, all die Geheimnisse in mir zu lüften.

Außerdem hat meine Mutter mir durch ihren Weg die Tür zu unserer uralten Spiritualität geöffnet. In unserem Garten wurden Jahreskreisfeste gefeiert, sie und ihre Freundinnen kamen an den Externsteinen zusammen und haben sich ihre weibliche und feminine Spiritualität wieder zurückerobert und auf sich auf diese Tradition besonnen. Auf der kollektiven Ebene war dies ein Zugang, der mir ein tieferes Verständnis für Ahnen über die bekannten 7 Generationen hinweg eröffnet hat.

 

In deinem Buch sprichst du auch über die Epigenetik, kannst du kurz erklären worum es sich handelt und warum sie für dich und deine Arbeit mit den Ahnen wichtig ist.

Die Epigenetik ist der Forschungszweig, der das, was Schamanen schon seit Urzeiten wissen, bestätigt hat. Sie beschäftigt sich quasi mit dem Gedächtnis unserer Gene. Denn: Unsere DNA ist nicht unveränderlich, sondern permanent werden kleine Moleküle an unser Erbgut angehängt oder von ihm entfernt oder es werden Erbinformationen verdeckt. Immer wieder entsteht eine neue Informationsebene auf dem Genom, das Epigenom. Epi bedeutet im Griechischen »auf«, es geht also um das, was auf unseren Genen passiert. Konkret bedeutet das zum Beispiel, dass es Ereignisse gibt, die uns als Kinder so tief prägen können, dass sie Auswirkungen auf die folgenden Generationen haben. Denn sie verändern nicht das Gen selbst, wohl aber die darauf liegenden Informationen. Ich nenne das gerne die emotionale DNA. In unsere emotionale DNA können sich Traumata einschreiben, die durch Missbrauch, Schock, Unfälle oder Ähnliches entstanden sind. Gleichzeitig können es aber auch positive Ereignisse sein, die sich so „tief eingebrannt“ haben, dass ihre Existenz die Handlungen der nachfolgenden Generationen beeinflusst.

Denn: Ein Baby ist nicht absolut isoliert, während es sich im Bauch der Mutter entwickelt. Jeder Umweltreiz, der auf die Mutter wirkt, jedes Erlebnis, das sie emotional intensiv berührt, wirkt auch auf das Baby. Und da sich Keimzellen schon sehr früh entwickeln, trifft der Umweltreiz auch sie – die nachfolgende zweite Generation kann somit direkt betroffen sein und diesen Einfluss ihrerseits an die kommende Generation weitergeben. So kann es sein, dass sich Enkelkinder von Kriegsopfern immer noch heftig erschrecken, wenn sie so etwas wie einen Fliegeralarm hören, obwohl sie selbst nie im Bombenhagel in den Bunker flüchten mussten. Und die Epigenetik gibt diesem uralten Wissen einen offiziellen Rahmen.

 

In deiner Arbeit sprichst du vornehmlich Frauen an, hat das einen bestimmten Grund?

Wir leben in einer Welt, die von Männern für Männer gemacht wurde. Die dominierende Spiritualität ist ebenfalls von Männern für Männer gemacht worden – der Blick in die katholische Kirche oder den Islam zeigen das sehr deutlich. Wir leben in einer Welt, in der wir in Deutschland zwar gesetzliche Gleichberechtigung haben, jedoch immer noch keine faktische Gleichbehandlung. Ich glaube es ist an der Zeit, dass wir Frauen uns Räume zurückerobern, aus denen wir systematisch verdrängt wurden und die uns aufs brutalste verboten wurden. Das beginnt bei den gesellschaftlichen Strukturen und geht weiter zu den spirituellen Ideologien. Ich nenne es gerne spirituellen Feminismus. Als Frauen wurde uns lange erzählt, dass wir nicht göttlich sein können, denn Gott ist ein Mann – auch wenn wir uns kein Abbild machen dürfen. Die Bibelversion, die im 4. Jahrhundert kreiert wurde, verdammt Eva als diejenige, die für die Vertreibung aus dem Paradies verantwortlich ist – und dafür mussten Millionen von Frauen kollektiv immer wieder büßen. Es ist das Weib was ewig lockt, der arme Mann ist Opfer. Kurzum: ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir als Frauen uns wieder daran erinnern, wer wir eigentlich sind, wer wir vor dem Monotheismus und dem Patriarchat wirklich waren und damit erkennen welches Potential in dem liegt, wer wir sein wollen und können. Meine Erfahrung zeigt, sobald wir erkennen, dass die Idee, die uns heutzutage als vermeintliche Wahrheit verkauft wird, auch nur eine Erzählung ist, die einem bestimmtem Ziel dient, können wir uns von ihr befreien. Es ist an der Zeit, dass wir wieder in Balance kommen, auf allen Ebenen. Wenn Frauen innerlich in Balance kommen, dann werden sie frei. Und freie Frauen können die Welt wahrhaftig und nachhaltig verändern. Für sich und die nachfolgenden Generationen.

 

Sind für Frauen die weiblichen Ahnen von größerer Bedeutung als die männlichen und ist es für Männer umgekehrt? Oder haben auch die männlichen Ahnen für Frauen einen wichtigen Einfluss?

Der Einfluss unserer Ahnen auf uns ist durchaus individuell – jede von uns hat einige Ahnen, die präsenter sind, unabhängig vom Geschlecht. Jedoch kann ich feststellen, dass die Lebenswelten von Frauen – damals wie heute – sich deutlich von denen der Männer unterscheiden. So waren Frauen damals zu verheiratende Wirtschaftsgüter, sie waren wirtschaftlich abhängig, ihre Aufgabe war es zu gebären – klappte dies nicht waren sie maximal noch als Arbeitskraft ertragbar, aber eben nicht gesellschaftlich tragbar. Viele der Erlebnisse unserer Mütter und Großmütter stecken uns im wahrsten Sinne des Wortes noch in dem Körper. So gibt es immer wieder Frauen, die zu mir kommen, weil sie nach bestimmten Meilensteinen im Leben bemerken, wie sich Handlungsmuster entwickeln, die sie nicht mit ihrer Identität in Verbindung bringen. Sie passen nicht zu ihrem modernen Weltbild oder ihren Wünschen. Schauen wir dann in der gemeinsamen Arbeit nach der Ursache, gibt es oft eine oder mehrere Ahninnen, deren Überzeugungen oder auch Traumata durch ein Schlüsselerlebnis aktiviert wurden. Und da unterscheidet sich dann eben der Einfluss auf kollektiver Ebene. Frauen spüren dort kollektive Erfahrungen von Frauen. Männer tendenziell kollektive Erfahrungen von Männern – meiner Meinung nach ein Grund, warum so viele kleine Jungen Krieg spielen, ohne es je erlebt oder von ihren Vätern gezeigt bekommen zu haben.

 

In deinem Buch erläuterst du genau, wie wir mit unseren Ahnen in Kontakt treten können. Was sind hier wichtige Dinge, mit denen man beginnen kann, auch wenn man noch nicht so tief in die Thematik eingestiegen ist.

Das Schöne an der Ahnenarbeit ist, dass jede von uns sie machen kann, denn wir alle haben Ahnen. Ein guter Einstieg ist, zunächst abzuklären, welche Geschichten es gibt, welche Verwandten man kennt, welche Gerichte zu bestimmten Feiertagen gegessen werden usw. Ich stimme mich quasi auf die Energie der Linie ein. Einfach mal hinein spüren, wie es sich anfühlt, an meine Ahnen zu denken, auch wenn ich sie nicht kenne. In meiner Ahnenarbeit kann jeder mitmachen, auch wenn wir adoptiert sind. Denn wir arbeiten mit der emotionalen und spirituellen Energie, die in uns präsent ist. Ein zweiter Schritt wäre es, einen Ahnenaltar zu bauen – also einen Ort, an dem sich die Ahnenenergie sichtbar sammeln kann. Denn nichts Anderes ist ein Altar – er erinnert uns an das, was wir glauben. Er lädt uns ein, immer wieder inne zu halten. Er fordert uns auf, mit dem Nicht-Sichtbaren in Kommunikation zu gehen. So ein Ahnenalter ist in vielen Kulturen noch gebräuchlich. Wir können ihn erstellen, indem wir einen Platz finden, an dem wir Dinge platzieren und arrangieren, die wir mit unseren Ahnen und unseren Wurzeln verbinden – wichtig dabei ist, dass wir dabei in Liebe und Hingabe sind – denn das ist die grundlegende Energie, mit der der Altar dann wirkt. Auf einen Altar können Fotos von friedvollen Ahnen, Gegenstände, die uns an unsere Kultur oder Traditionen erinnern, Kerzen und Rauchwerk gelegt werden. Alles sollte mit Intention platziert werden. Zu Anfang kann ich beispielsweise jeden Morgen den Tag mit meinen Ahnen beginnen, eine Kerze entzünden und einfach lauschen und spüren. Die Beziehung zu den Ahnen ist wie jede andere auch – sie braucht zu Beginn etwas Zeit, Verbindlichkeit und Offenheit. Und: unsere Ahnen sind schon immer da gewesen – es sind wir, die sich wieder öffnen dürfen und damit auch die ersten Schritte gehen. Unsere Ahnen warten meist nur darauf.

 

Wie merke ich, dass ich in direktem Kontakt mit meinen Ahnen bin und wie gehe ich mit störrischen oder auch feindlich gesinnten Ahnen um?

Wie wir Ahnen wahrnehmen ist ganz unterschiedlich. Einige berichten, dass sie sie direkt vor ihrem inneren Auge sehen, andere spüren so etwas wie eine warme Umarmung, wieder andere haben das Gefühl, als ob ihnen jemand eine Botschaft ins Ohr flüstert. Und alles ist richtig. Gehen wir mit unseren Ahnen in Kontakt, ist es hilfreich, bewusst die friedvollen Ahnen einzuladen. Das sind diejenigen, die mit ihrem Leben und mit ihrem Hinübergehen in Frieden sind. Daneben gibt es die friedlosen Ahnen, denn ich glaube nicht an das Konzept von feindlichen oder bösen Ahnen. Friedlose Ahnen hadern mit Gegebenheiten in ihrem Leben, Traumata und Enttäuschungen und sie sind vielleicht nicht freiwillig gestorben. Sie tragen die Energie in sich, die das Potential der Transformation birgt. Wir brauchen also keine Angst zu haben. Es geht meist darum, das Schicksal der friedlosen Ahnen zu erkennen, anzuerkennen und ihnen dann mitzuteilen, dass ihr Festhalten nicht mehr dienlich ist. Manche sind dann eben auch störrisch, weil sie an ihrer Version der Wahrheit festhalten wollen, das ist wie bei den Lebenden. Auch damit kann man dann liebevoll umgehen.

 

Durch die Arbeit mit den eigenen Ahnen, eröffnen sich uns Möglichkeiten, im Hier und Jetzt etwas zu verändern und „die eigene Linie zu heilen und zu transformieren“. Kannst du das etwas näher erläutern?

Wenn ich die „schweren“ und „einengenden“ Themen in meine Linie löse und transformiere, dann entstehen für mich im Hier und Jetzt neue Handlungsoptionen, neue Gedankenmuster und neue Perspektiven. Je mehr Frieden ich in die Linie bringe, desto mehr Frieden und vor allem Freiheit erfahre ich in meinem Leben. Verändern wir die Informationen, verändert sich die Realität. Wir sind somit nicht mehr unbewusst an alte Rollenmuster oder Verhaltensweisen gebunden. Ich handele also nicht mehr nach den unbewussten Mustern meiner Urgroßmutter, sondern finde meinen ganz eigenen Weg. So können wir beginnen, unsere ureigenen Bedürfnisse und Wünsche deutlicher wahrzunehmen und damit unseren eigenen Weg gehen.

 

Du schreibst darüber, wie die von unseren Ahnen erlebten Traumata uns heute noch beeinflussen. Welche Traumata wirken sich beispielsweise noch nach Generationen auf die Nachfahren aus?

Historische Traumata haben ihren Ursprung in der Vergangenheit und beeinflussen mehrere Generationen. Sie sind so stark, dass sie auch noch für die Kindeskinder spürbar sind, obwohl diese selbst der traumatischen Erfahrung nicht ausgesetzt waren. Das kann durch Kriege, Völkermord oder gezielte Diskriminierung bestimmter Bevölkerungsgruppen passieren. Ein historisches Trauma ist zum Beispiel die Sklaverei. Die Nachfahren der Menschen, die vom afrikanischen Kontinent nach Amerika verschifft wurden, spüren noch heute auf verschiedenen Ebenen die Folgen, wobei sie in diesem Fall durch aktuelle Rassismus Erfahrungen eine immer neue Retraumatisierung erfahren, die das alte Muster stets erneut antriggert. Ein anderes Beispiel ist die Verfolgung und Ermordung von Millionen Juden im Zweiten Weltkrieg, wobei die Diskriminierung und Bedrohung auch noch aktuell spürbar ist. Zu kollektiven Traumata gehören auch die Frauen, die den Massenvergewaltigungen nach dem Zweiten Weltkrieg ausgesetzt waren und danach zu Massenabtreibungen genötigt wurden. Die Hungersnot in Irland ab 1845 hinterließ ebenfalls Spuren: Die Babys der Mütter, die in dieser Hungersnot schwanger waren, hatten eine erhöhte Krankheitsrate und Studien zeigen, dass sie viel häufiger in psychiatrische Krankenhäuser aufgenommen wurden. So hatte Irland Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts so viele Betten in psychiatrischen Einrichtungen im Verhältnis pro Kopf gerechnet wie kein anderes Land der Welt. Historische Traumata haben also ihren Ursprung in der Vergangenheit, die spürbaren Folgen jedoch spannen sich über Generationen bis in die Gegenwart. Aber, und dass ist wichtig – wir sind ihnen eben nicht hilflos ausgeliefert. Sondern wir können ihre transgenerationalen Folgen durch gezielte Ahnenarbeit mildern und auflösen.

 

Glaubt man an die Wiedergeburt, wie lässt sich diese „Überzeugung“ mit der Ahnenlinie vereinbaren? Wenn man daran glaubt, dass Seelen wiedergeboren werden, wie können sie dann noch für die Nachfahren zur Verfügung stehen?

Wir haben so viele Ahnen, dass es gar kein Problem ist, wenn einige von denen aktuell inkarniert sind. In der alten europäischen Spiritualität gab es Frau Holle, die große Göttin. Aus deren Schoß wurden wir geboren, in ihren Schoß kehrten wir zurück. Die Kelten hatten keine Angst vorm Tod, weil für sie der Übergang eben nur ein Übergang war. Sie wussten, dass sie wiederkehren würden, wenn die Zeit soweit ist. So gehen wir ab Samhain in Kontakt mit den Ahnen und mit der Rückkehr des Lichts bitten wir Frau Holle die neuen Kinder zur Erde zu schicken – wissend, dass es eben diejenigen sein können, die vor uns gingen. Was eben auch bedeutet, dass auch wir Ahnen sind, waren und sein werden und alles ein großer Kreislauf ist. Energie verschwindet nicht, sie verändert nur ihre Form.

 

Gab es Ahnenarbeit in Europa und warum ist sie so relevant?

Ahnenarbeit und die Verbindung mit unseren Ahnen ist etwas, was wir heutzutage eher dem afrikanischen oder asiatischen Kulturraum zuordnen. Doch bevor die Waldvölker in Europa christianisiert wurden, gab es auch hier eine lebhafte Ahnenkultur. Ahnen waren Teil des Alltags, die Menschen sahen sich als Teil eines Kreislaufes von Übergängen. Für das monotheistische und exklusive Weltbild, was die katholische Kirche und Karl der Große den Menschen auf brutalste Weise aufzwangen, waren die Ahnen quasi die größte Konkurrenz zu dem einzigen Gott. Denn sie waren Teil unseres Seins, unterstützten uns, leiteten uns und waren unsere Begleiter. Um die Macht des einzigen Gottes durchsetzen zu können, mussten die Ahnen verschwinden und mit ihnen auch die Große Göttin, die uns durch ihren Schoß gebiert und in deren Schoß wir wieder zurückkehren. Und so wurde aus Frau Holle die Hölle und aus dem ewigen Kreislauf die Illusion von einer Endstation in Himmel oder Hölle. Die Wiederverbindung mit unseren Ahnen, bewegt also auch auf dieser tiefen kollektiven Ebene viel. Sie hilft uns, uns daran zu erinnern, wer wir wirklich sind. Und diese Erinnerung erlaubt uns eine Freiheit, wie wir sie gar nicht mehr kennen.

 

(c) Arkana Verlag (Abdruck nur nach Rücksprache mit dem Verlag)

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