Leben, auf Papier beschrieben

Fast täglich hat António Lobo Antunes, als er in den siebziger Jahren in Angola stationiert war, seiner jungen Ehefrau geschrieben . Mit der Veröffentlichung dieser Briefe wird ein sehr persönliches Zeitdokument zugänglich. Lobo Antunes’ Nachrichten aus dem Kolonialkrieg, illustriert mit Faksimiles, Fotos aus Angola und von der Familie, sind Tagebuch, Literatur, Kriegsbericht und zugleich Geschichte einer Liebe.

Der portugiesische Kolonialkrieg in Angola, den Lobo Antunes gut zwei Jahre lang hautnah miterlebte, war für ihn, wie für viele andere auch, eine traumatische Erfahrung. Sein Leben lang hat er sich damit auseinandergesetzt, sein gesamtes literarisches Werk ist davon geprägt. In diesen Briefen hören wir zum erstenmal seine persönliche Stimme aus jener Zeit. Sie sind auch ein spannendes Stück portugiesischer Geschichte und Literatur.

Von Januar 1971 bis März 1973 war Lobo Antunes als Militärarzt in Angola, und bis auf drei längere Unterbrechungen, in denen er mit seiner Familie zusammen war, hat er fast täglich an seine damalige Frau Maria José geschrieben, die er 1966 kennengelernt und 1970 geheiratet hatte. Als er am 6. Januar 1971 aufbrach, ließ er Frau und Kind in Lissabon zurück. Den ersten Brief schrieb er bereits am nächsten Tag bei einem Zwischenstopp in Madeira, danach nahezu täglich aus Angola.

28 Jahre alt war Lobo Antunes zu Beginn seiner Militärzeit, isoliert von seiner Heimat, seiner Liebe, seinen Freunden, und er schrieb, ohne jemals daran zu denken, daß diese Briefe einmal irgend jemand anders lesen sollte als seine Frau. Er schmiedet Zukunftspläne, spricht über familiäre Ereignisse, Freunde, Verwandte, macht seinem Ärger Luft, bringt Wünsche und Sehnsüchte zur Sprache, erklärt berückend und wortreich seine Liebe oder schickt Wunschlisten für Tabak, Essen und Bücher. Er zitiert aus der Literatur, schickt Gedichte, diskutiert Theaterstücke – die Literatur ist für ihn stets Teil des Lebens. Und er erzählt von der Bevölkerung in Angola, von seiner Arbeit als Arzt, vom Schrecken des Krieges, der Schönheit der Landschaft und dem ganz alltäglichen Leben in einer ganz unalltäglichen Situation.

Lobo Antunes’ Töchter Maria José und Joana haben mit diesem Buch, das sie „das Buch der Liebe unserer Eltern“ nennen, den Wunsch ihrer Mutter erfüllt, nach ihrem Tod die Briefe ihres Mannes an sie zu veröffentlichen.